|
| |||||||||
Ehe sie es weiß, nickt sie ein, und
als sie die Augen wieder öffnet, sieht sie am Boden zwei
Fußspitzen in die Luft ragen. Zuerst erkennt sie nicht,
was passiert; selbst als ein Paar Schuhe deutlich vor ihr liegt
und schon Beine mit darüberliegenden Hosen wahr zu werden
beginnen, kann sie nicht glauben, was hier vor ihren Augen
stattfindet: eine Materialisation. Hingerissen schaut sie zu,
wie ein Körper erscheint. Langsam wird eine Schicht
über die nächste gelegt, mehr und mehr wird sichtbar;
es handelt sich um eine Frau. Eine tote Frau. In diesem Moment
geht die Tür auf und Charlie, ihr Partner, kommt ins
Zimmer. Er erfasst die Situation, beugt sich über die
Leiche. “Was soll denn das sein?”, fragt er Merilu.
Sie antwortet nicht. Er fragt weiter. Merilu antwortet kurz
angebunden: “Sie ist aufgetaucht. Als sie hier
materialisierte, war sie schon tot. Ich kenne diese Frau
nicht.”
Textauszug
|
Ursula Hentschläger
Merilu
Kurzgeschichte, 1993
Merilu ist eine junge Kommissarin auf der
Urlaubsraumstation M4. Eines Tages materialisiert sich
unerwartet eine Leiche in ihr Büro. Als eine zweite Leiche
auf-
taucht, sind ihre Schwierigkeiten nicht
mehr zu verheimlichen, denn offenbar kannte sie beide Opfer.
Beitrag, in: Mord vor Ort, Wien 1993
|
| ||||||||
| ||||||||||
| ||||||||||