“Mein Zustand war so ausschließlich, dass ich für Monate wie ausgelöscht war. Ich habe sie über Nacht verloren ohne vorher auch nur einen Moment an diese Möglichkeit gedacht zu haben. Es wurde also so vieles nicht gesagt. Du und Frida, ihr habt euch im Arm gehalten und gemeinsam um sie geweint. Ich stand an diesem Grab und darin lag sie und mit ihr ein großes Stück von mir. Ich habe sie überlebt. Das war vermutlich mein größtes Problem. Was sollte mein Leben noch wert sein? Gefühle können so schnell zu Zuständen werden, die alles zu bestimmen imstande sind. Dass ich jetzt hier mit dir darüber sprechen kann, ist, weil dieses Gefühl plötzlich von einem neuen überlagert wird und das alte damit sein Gewicht verliert. Für beide kann ich aber nichts. Ich habe sie nicht bewusst gewählt.”

Textauszug


Ursula Hentschläger

Lost & Found
Roman, 2001

Mit Bildern von
Zelko Wiener


Madeleine und Paul begegnen sich im Nachtzug nach Zürich. Ihre Motive für die Reise sind gänzlich unterschiedlich und nur das Vertrauen in ihre frühere Freund-
schaft lässt sie zunehmend offener über sich sprechen. Die Begegnung wird zur Grundlage einer Auseinandersetzung mit Geschehnissen aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Sie entdecken aus der geteilten Sicht die Lebensgeschichten ihrer Freunde aufs neue. Deren Schmerzen, Freuden, Versagen wie Neubeginn lassen die beiden aber auch die eigenen Standpunkte immer intensiver erkennen.

Wien: Triton 2001
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